Gerold Gloger: vom Offizier zum Dozenten

An der DAV war Gerold Gloger Dozent für Methoden der logistischen Analyse, Bedarfsermittlung und -prognose und Grundlagen IT-Systeme und Datenbanken. Bis heute. Am 16. Juni 2021 ist sein letzter Arbeitstag. Damit verlässt ein DAV-Urgestein den Campus: Herr Gloger stieß 1989 zum Team dazu. Im Juni 1990 interviewten ihn Studierende zu seinem Start an der DAV.

Methoden der logistischen Analyse, Bedarfsermittlung und -prognose und Grundlagen IT-Systeme und Datenbanken

Gerold Gloger wurde am 25. Februar 1957 in Meißen an der Elbe (DDR) geboren. 1961, kurz vor dem Bau der Mauer, flüchtete die Familie über Flughafen Tempelhof und diverse Aufnahmelager in den Hunsrück (Mittelgebirge in Rheinland-Pfalz), wo er als in Sensweiler, einer kleineren Ortschaft in der Nähe von Idar-Oberstein aufwuchs.

Nach Abschluss der mittleren Reife wechselte er auf das staatliche Göttenbach-Gymnasium Idar-Oberstein und erwarb dort 1976 das Abitur. Anschließend trat er als sog. "Luftfahrzeugführeranwärter" der Heeresfliegertruppe in die Offizierslaufbahn der Bundeswehr ein. Die ersten fünfzehn Monate seiner militärischen Laufbahn wurden an der Heeresfliegerwaffenschule in Bückeburg (Grundausbildung, Offizieranwärterlehrgang), einem Heeresflieger-Transportregiment in Fritzlar und der Kampftruppenschule I in Hammelburg (Einzelkämpferlehrgang) durchgeführt.

Im Oktober 1977 nahm Gloger das Maschinenbaustudium an der Hochschule der Bundeswehr in Hamburg auf, wechselte jedoch, nachdem sich herausgestellt hatte, dass ein Wirbelsäulenschaden seiner Verwendung als Hubschrauberpilot entgegenstand, in den Fachbereich Wirtschafts- und Organisationswissenschaften, um hierdurch die Voraussetzungen für seinen später erfolgten Wechsel von der Heeresflieger- zur Nachschubtruppe zu verbessern.

1982 nahm er, als Diplom-Kaufmann im Dienstgrad Leutnant, seine Offiziererstverwendung als Zugführer in einer Transportkompanie in Hermeskeil bei Trier auf. Diese Tätigkeit wurde unterbrochen, von den sog. Kompaniechef-Lehrgängen, die in Hannover und Bremen stattfanden. Im März 1984 erfolgte die Versetzung zum Nachschubbataillon 11, Delmenhorst, wo Herr Gloger zunächst als Umschlagzugführer Material mitverantwortlich war für die Versorgung der Divisionstruppen. Ab 1987 war er dann bis zu seinem Ausscheiden aus der Armee im Februar 1989 als Nachschublenkoffizier (Dienstgrad Hauptmann) im Stab des Bataillons der logistischen Berater des Kommandeurs.

Gerold Gloger ist seit 1985 verheiratet. Er hält Vorlesungen in den Bereichen Datenverarbeitung (Anwenderschulung, EDV-Theorie) und Betriebswirtschaftslehre (allgemeine BWL, Informationssysteme in der Logistik).

Herr Gloger, wie kamen Sie zur Bundeswehr?

Hierfür waren mehrere Gründe ausschlaggebend. Bedingt durch die räumliche Nähe zur Artillerieschule in Idar-Oberstein hatte ich häufiger Kontakt zu Offizieren und verfügte über ein relativ genaues Berufsbild. Die Bandbreite möglicher Tätigkeitsschwerpunkte empfand ich damals als sehr interessant. Folglich wurde ich auch ursprünglich nicht als Zeit- sondern als Berufsoffizieranwärter eingestellt. Überdies hatte ich mir vorgenommen, möglichst bald auf eigenen Füßen zu stehen, ohne deswegen auf ein Studium verzichten zu wollen. Hinzu kam sicherlich auch, dass der Hunsrück eine strukturschwache Region ist, die zumindest Akademikern kaum Perspektiven bietet.

Wie sah Ihre letzte Tätigkeit bei der Bundeswehr aus?

Ich war Projektoffizier eines Nachschubbataillons für die Einführung eines neuen EDV-gestützten Versorgungsverfahrens. Unser Verband war seitens des Heeresamtes als sog. "Pilot-Bataillon" bestimmt worden, d. h. das Verfahren sollte erst nach erfolgreicher Umsetzung bei uns auch in anderen Truppenteilen Verwendung finden. Das für mich interessanteste an diesem Verfahren ist der Versuch, die unterschiedlichen Anforderungen der beteiligten logistischen Ebenen mittels aufeinander abgestimmter Systemkomponenten abzudecken, um letztlich den Integrationsgrad innerhalb der logistischen Kette zu erhöhen.

Keine einfache Aufgabe, immerhin geht es dabei bereits auf der Ebene meines ehemaligen Bataillons um den Transport, die Lagerhaltung und die mehrstufige Verteilung von bis zu 50.000 verschiedenen Artikeln. Die "Kunden" haben dabei ihre Standorte in einem Radius von mehreren 100 km.

Der Dienst machte mir sehr viel Spaß, er war sehr interessant und auch das persönliche Arbeitsumfeld stimmte. Letzteres darf man nicht unterschätzen, da das Arbeitsklima in der Armee nach meiner Einschätzung noch stärker personenabhängig ist als in zivilen Bereichen.

Warum haben Sie sich dann entschieden, doch wieder in das Zivilleben zurückzugehen?

Ausschlaggebend hierfür waren die häufigen Versetzungen bei der Bundeswehr. Das Problem des häufigen Standortwechsels bringt Schwierigkeiten im Privatleben mit sich. Die dienstlichen Anforderungen nach einer Versetzung, d. h. unter anderem schnelles Einarbeiten in neue Aufgabengebiete, nehmen einem sehr viel von der Zeit, die man für die so viel zitierte "soziale Integration" benötigt.

Nicht zuletzt sind die Versetzungen in dem üblichen 2- bis 5-Jahres-Rhythmus nach meiner Ansicht auch nicht der Familie zuzumuten. Das soll aber nicht bedeuten, dass ich generell etwas gegen beruflich bedingte Ortswechsel einzuwenden hätte. Es kommt nur ganz entscheidend auf deren Häufigkeit, die damit verbundenen beruflichen Perspektiven und die gebotenen Mitsprachemöglichkeiten an.

Was waren Ihre praktischen Vorbereitungen auf die Tätigkeit an der DAV?

Neben der Wahrnehmung von Weiterbildungsmaßnahmen in Form von berufsbegleitenden Seminaren, diversen Abendkursen und einem Fernlehrgang (Schwerpunkte EDV, Steuerrecht, Materialwirtschaft und Personal), die mir im wesentlichen dazu dienen sollten, mein Studienwissen nicht einrosten zu lassen, hatte ich durch frühzeitige Kontakte zur DAV und deren Vermittlung das Glück, bereits ein knappes halbes Jahr vor Beginn meines Arbeitsverhältnisses mehrere sehr interessante Betriebspraktika in Industrie-, Hafenumschlags-, verschiedenen Verkehrsbetrieben und einem EDV-Dienstleistungsunternehmen im Raum Bremen und Hamburg wahrnehmen zu können.

Die Praktika selbst haben mir Arbeits- und Denkweisen unterschiedlicher Betriebe, insbesondere in Bezug auf die Lösung logistischer Problemstellungen, nähergebracht. Ergänzt wurden diese eher praxisorientierten Maßnahmen durch meine Teilnahme an einigen Seminaren hier am Campus.

Was sind nach Ihrer Meinung die Parallelen zwischen der Anwendung der Logistik im Heer und in der freien Wirtschaft?

Von Parallelen kann man eigentlich nicht sprechen, das wäre untertrieben. Die Probleme sind überall ähnlich. Ich denke, der Hauptunterschied liegt darin, dass es im marktwirtschaftlichen Sinne für die Nachschubtruppe keine Kunden und keinen Wettbewerb gibt. Entsprechend entfällt (fast) alles, was man mit Marketing überschreiben könnte. Wobei ich mich manchmal gewundert habe, wie stark sich die Nachschubtruppe an den Anforderungen ihrer Abnehmer ausrichtet.

Festzuhalten bleibt jedoch, dass wir unseren Verbrauchern gegenüber Monopolisten sind: Sie können Ihrer Nachschubeinheit kaum "weglaufen". Ansonsten hatten wir die gleichen Probleme wie zivile Logistik-Dienstleistungsbetriebe, also z. B. Transport- und Lagerhaltungsoptimierung, auch unter Kostenbeachtung, aber eben unter bundeswehrspezifischer Zielsetzung. Das heißt insbesondere die Aufrechterhaltung eines hohen Flexibilitäts- und Mobilitätsgrades.

Im Bereich EDV gibt es für mich keine Unterschiede. In Teilbereichen ist die Entwicklung vielleicht sogar weiter als in der zivilen Wirtschaft, wohl bedingt durch die einfacheren Voraussetzungen für den bereichsübergreifenden EDV-Einsatz gemäß der klaren Kunden-Lieferantenstruktur der Bundeswehr. Daher stellen sich bei der Bundeswehr einige logistische Probleme schon fast modellhaft dar.

Was sind Ihre Hobbies?

Ich habe ein altes Motorrad, eine TOR-NAX S 250. Baujahr 1954, Zweitakt-Twin, 15 PS, genannt "Josephine", nach der berühmten Josephine Baker. (Anm. der Redaktion: Diese Maschine ist bis heute Gerold Glogers ganzer Stolz.)

Ansonsten opfere ich einiges von meiner Freizeit dem Computer, allerdings nur, solange meine Frau nicht die "gelbe Karte" zeigt.

Was sind Ihre ersten Eindrücke von der DAV?

Ich fühle mich hier ausgesprochen wohl. Sowohl das Verhältnis unter den Mitarbeitern des Hauses einerseits aber auch zwischen den Studierenden und den Dozenten und Dozentinnen und der Verwaltung andererseits ist sehr persönlich. Sicherlich hängt dies auch mit der Überschaubarkeit unseres Campus zusammen. (Quelle: DAV Semesterzeitung, Heft 58, Juli 1990.)

 

Wir bedanken uns bei Gerold Gloger im Namen von Kolleginnen und Kollegen, Studierenden, Absolventen und Absolventinnen für 33 Jahre motivierten und stets gut gelaunten Einsatz. Alles, alles Gute und viel Spaß mit all der freien Zeit!