Gastvorlesung Datenbrillen: Innovation braucht das richtige Timing

Datenbrillen sind in der Praxis angekommen, und ihre Erfolgsgeschichte dürfte noch nicht abgeschlossen sein. Studierende erhalten bei Gastvorträgen auch zu diesem Thema regelmäßig viele Denkanstöße.

Ein Mittwochmorgen Ende Januar. Die Kühne-Aula am Campus der DAV Bremen, gegenüber der Uni Bremen, füllt sich mit rund dreißig Studierenden aus verschiedenen Semestern des Vollzeitstudiums "Internationales Logistikmanagement". Heute auf dem Programm: Informationen aus erster Hand zu den Themen "Wearable Computing" und "Augmented Reality", insbesondere Datenbrillen. Zu Gast: Dr. Hendrik Witt, CEO von Ubimax, einem international führenden Software-Anbieter mit Sitz in Bremen, der sich schwerpunktmäßig mit Wearable-Computing-Lösungen für die Industrie beschäftigt.

So verspielt Datenbrillen auf den ersten Blick auch wirken, die sind kein Spielzeug - und die Versuchsphase haben sie mittlerweile hinter sich. "Die Datenbrille ist ein vollwertiger Computer", so Witt. Mit ihr werde die Realität, also die Umgebung z. B. in der Kommissionierung, mit digitalen Informationen überlagert. Pick-by-Vision heißt die Lösung, bei der die Fehlerquote der Mitarbeiter signifikant niedriger liegt als bei Pick-by-Light, Pick-by-Voice, Pick-by-Scan oder papierbasierten Verfahren. Die Brille macht es dem Mitarbeiter in der Kommissionierung leichter, seine Aufgaben zu erfüllen.

"Die Technologie ist nicht Selbstzweck", unterstreicht Witt in seinem Vortrag. Die Vorteile: Die Effizienz steigt, die Fehlerquote sinkt, die Flexibilität der Abläufe wird erhöht. Bleibt die Frage: Macht der Einsatz von Datenbrillen die Mitarbeiter auch zufriedener? "Ein wesentlicher Effekt muss es letztendlich sein, dem Werker das Leben zu erleichtern", so Witt. Die Datenbrille und andere Wearables seien schließlich "Industrie 4.0 für den Werker". In jedem Fall seien Ergonomie und Tragekomfort die erfolgsentscheidenden Komponenten beim Einsatz der neuen Arbeitsmittel.

Der Weg von der Idee bis zum heutigen Einsatz in der Praxis war wechselvoll. Die Smart-Glasses-Technologie nahm in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts ihren Anfang. Zehn Jahre später ging es um die Miniaturisierung der Technik und um die Entwicklung spezieller Geräte für Wearable Computing. Die Elektronik muss am Körper oder in der Kleidung verstaut werden können, zum Teil benötigt man spezielle Trägervorrichtungen.

Die Europäische Union rief damals ein Projekt unter dem Titel "Wear IT at work" ins Leben. Insbesondere deutsche Entwickler sprangen auf die neuen Ideen an, und Bremen wurde in dieser Zeit zu einem führenden Forschungsstandort im anwendungsorientierten Bereich. Für Geschäftsmodelle aber war es zu früh, da die Unternehmen noch keine Einsatzmöglichkeiten für die neue Technologie sahen.

2012 kam Google mit Google Glass für den Consumer-Bereich auf den Markt. Aus Sicht von Dr. Hendrik Witt erneut ein falsches Timing! Aber: Der Vorstoß von Google war endlich die Initialzündung für den Einsatz in Industrie- und Handelslogistik. Deutsche Pionierunternehmen wie Ubimax oder Picavi profitierten in den Folgejahren von dem Vorsprung, den sie sich in der Vergangenheit erarbeitet hatten, und so kann Deutschland derzeit bei Wearables und Augmented Reality (AR) im internationalen Ländervergleich als führend bezeichnet werden.

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