Familien-Unternehmen müssen ihre Nachfolge frühzeitig qualifiziert regeln. Zentrale Bedeutung hat dabei ein adäquates Nachfragemodell.
Die Existenz der Spedition Norbert Jansen (fiktiver Name) ist stark gefährdet. Alleininhaber Jansen erleidet im Alter von 53 Jahren einen Herzinfarkt, er ist den unternehmerischen Anforderungen nicht mehr gewachsen. Sohn Jürgen, 22, hat vor einem Jahr ein betriebswirtschaftliches Studium aufgenommen. Die Existenz des Unternehmens steht nun plötzlich auf wackeligen Füßen. Kein Einzelfall, wie Experten belegen.
"Wir registrieren, dass Mittelständler häufig fahrlässig mit der Nachfolge umgehen", sagt Michael Grote, Geschäftsführer der Deutschen Unternehmerbörse (DUB). "Viele Inhaber arbeiten, bis sie krankheitsbedingt aufgeben müssen oder sogar bis zum Tode, und zwar ohne eine Nachfolgeregelung getroffen zu haben."
Eine Befragung von 321 Unternehmen durch TNS Emid ergab: 57 Prozent haben noch keine Nachfolgeregelung getroffen. Nach Erhebungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn hänge in Deutschland die Existenz von jährlich rund 290.000 Beschäftigten von einer erfolgreichen Übergabe ab.
Viele Unternehmen werden veräußert
Laut Elmar Zitz, Geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Unternehmensberatung Elmar Hertzog und Partner, findet die Mehrzahl der inhabergeführten, mittelständisch geprägten Logistikdienstleister keine familieninterne Nachfolgeregelung - die Unternehmen würden deshalb veräußert. Zitz nennt dafür vier Gründe:
- Es gibt keine Nachfolge innerhalb der Familie.
- Geeignete Nachfolger/innen haben kein Interesse.
- Mögliche Nachfolger/innen sind häufig nicht ausreichend auf die Unternehmensnachfolge vorbereitet.
- Potenzielle Nachfolger/innen erhalten nicht das Vertrauen des Unternehmens.
Deshalb sei es wichtig, so Unternehmensberater Zitz, dass es den Akteuren gelinge, einen wohl überlegten Fahrplan zu gestalten. Freilich wirft jeder Stabwechsel schwierige Fragen auf:
- Ist das Familienmitglied geeignet?
- Welche zivil-, handels- und steuerrechtlichen Fragen sind zu klären?
- Mit welchen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten lässt sich die Erbschaftssteuer reduzieren?
- Welche Alternativen gibt es für die Regelung der familieninternen Nachfolge?
- Wer kann den/die Unternehmer/in bei diesen komplexen Fragen kompetent beraten?
Experten zufolge beansprucht der Nachfolgeprozess etwa drei bis fünf Jahre.
Deshalb sollten Unternehmer/innen die Übergabe weitsichtig vorbereiten und ohne zeitlichen Druck angehen! Denn der Weg zum reibungslosen Stabwechsel ist mit zahlreichen Stolpersteinen gepflastert. So dokumentiert etwa der DIHK-Report zu Unternehmensnachfolge eine Vielzahl von Hemmnissen:
- 46 Prozent der Senior-Unternehmer sind nicht rechtzeitig vorbereitet.
- 37 Prozent können emotional nicht "loslassen".
- Ebenso viele finden keinen passenden Nachfolger.
Auch die potenziellen Nachfolgerinnen und Nachfolger selbst sehen sich laut DIHK-Report mit erheblichen Hürden konfrontiert. So unterschätzen 44 Prozent die Anforderungen, während 32 Prozent nur eine unzureichende Qualifikation besitzen. Auch fürchten 19 Prozent eine hohe Erbschaftssteuerbelastung. Fast 50 Prozent der Unternehmer möchten ihren Betrieb an ihren Sohn oder ihre Tochter übergeben. Doch ist dies laut DIHK-Report nur bei etwas mehr als jedem dritten Unternehmen der Fall! Denn die Qualifikation des Nachfolgers wird immer wichtiger: Jede/r Dritte ist laut DIHK nicht ausreichend qualifiziert.
Dabei sind die Anforderungen hoch, denn der oder die Nachfolger/in muss vom ersten Tag an die Zügel fest in der Hand halten und sein/ihr Können auf allen Schauplätzen gleichzeitig beweisen. Das gilt ebenso für die vielfältigen betriebswirtschaftlichen Aufgaben wie auch für die Kundenakquise und das Marketing. Wichtig sind auch persönliche Fähigkeiten, etwa die Kommunikation mit Mitarbeitern und Kunden, interkulturelle Kompetenzen und das Management von Konflikten.
Kurzum: Unternehmer und Unternehmerinnen brauchen eine schlüssige Strategie. Will man das Unternehmen schrittweise übertragen, durch eine Beteiligung an einer Personen- oder an einer Kapitalgesellschaft? Bevorzugt der Inhaber die vorweggenommene Erbfolge bzw. die Schenkung? Oder soll die gesetzliche Erbfolge, ein Testament oder ein Erbvertrag zum Zuge kommen?
Der klassische Weg ist die schrittweise gesellschaftsrechtliche Beteiligung innerhalb der Familie, die als Schenkung oder als Verkauf erfolgen kann.
Die Übergabe des Unternehmens zu Lebzeiten des Unternehmers bietet große Vorteile: Ein/e Nachfolger/in hat ausreichend Zeit, sich auf seine bzw. ihre Rolle als Unternehmer/in vorzubereiten. Der Senior steht ihm bzw. ihr noch einige Zeit als Berater zur Seite, und er kann seine wertvollen Erfahrungen weitergeben.
Unternehmer und Nachfolger können gemeinsam mit einem Unternehmensberater, einem auf das Thema spezialisierten Rechtsanwalt und einem Steuerberater ein schlüssiges Konzept erarbeiten. So lässt sich die Existenz des Unternehmens sichern.